Beginn des Konflikts und Eskalation (1983-1987)

Der Sri Lanka Bürgerkrieg eskalierte im Juli 1983 (Black July), nachdem die Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) einen Anschlag auf 13 singhalesische Soldaten verübt hatte. Als Vergeltung entfachten singhalesische Nationalisten landesweit pogromartige Ausschreitungen gegen die tamilische Minderheit. Dabei wurden über 3.000 Tamilen getötet und Zehntausende flohen aus ihrer Heimatregion. Diese Gewaltwelle radikalisierte viele Tamilen und festigte die Dominanz der LTTE unter ihrem charismatischen Führer Velupillai Prabhakaran. Die Gruppe setzte sich gewaltsam gegen rivalisierende tamilische Organisationen durch und etablierte effektive Guerilla-Taktiken, darunter ab 1987 die systematische Nutzung von Selbstmordattentaten, eine Strategie, die LTTE zu einem der gefährlichsten militanten Akteure weltweit machte.

Die Regierung unter Präsident J.R. Jayewardene reagierte mit brutalen Militäroperationen in den mehrheitlichen tamilischen Gebieten im Norden und Osten des Landes, darunter Luftangriffe auf zivile Infrastruktur und Verdachtsgebiete. Beiden Seiten begingen schwere Menschenrechtsverletzungen: Die Armee foltere Verdächtige und richtete Massaker an Zivilisten hin, während die LTTE gezielt singhalesische Dörfer überfiel und politische Gegner ermordete.

Gleichzeitig formulierten die Tamil Tigers ihre Forderung nach einem unabhängigen Staat Tamil Eelam im Norden und Osten Sri Lankas. Die tamilische Diaspora in Europa und Nordamerika spielte hierbei eine Schlüsselrolle, durch Spenden und politische Lobbyarbeit finanzierte sie den Aufbau der LTTE als Quasi Staat mit eigenem Steuersystem, Gerichten und sogar rudimentären Marine (Sea Tigers)

Indische Intervention und gescheiterter Waffenstillstand (1987-1990)

Um den Konflikt zu befrieden, schloss Indien unter Premier Rajiv Gandhi 1987 das Indisch-Sri-lankische Abkommen. Die vertraglich vereinbarte Indian Peace Keeping Force (IPKF) wurde entsandt, um die LTTE zu entwaffnen und einen Waffenstillstand durchzusetzen. Doch die LTTE lehnte die indische Präsenz ab und bekämpfte die IPKF ab 1987 erbittert, der vermeintliche Friedenseinsatz verwandelte sich in einem offenen Guerillakrieg. Die IPKF, die zunächst als neutrale Kraft wahrgenommen wurde, geriet durch Übergriffe auf Zivilisten (u. a. Massaker in Valvettituarai 1989) zunehmend in Kritik.

Der Einsatz endete 1990 im Desaster. Über 1.200 indische Soldaten waren gefallen, die Kosten beliefen sich auf Milliarden Rupien. Die IPKF zog sich geschlagen zurück, ohne die LTTE entscheidend geschwächt zu haben. Als Rache für die Intervention ermordete die LTTE 1991 Rajiv Gandhi durch ein Selbstmordattentat in Tamil Nadu.

Parallel eskalierte die Gewalt in Sri lanka. Die Regierung unterstützte ab 1987 singhalesische Milizen wie die «Black Cats», die tamilischen Dörfer überfielen und Zivilisten terrorisierten. Gleichzeitig nutzte die LTTE die Phase, um ihre Macht in den Nordostprovinzen auszubauen.

Internationale Friedensbemühungen (u. a. durch Norwegen in den 1990ern) scheiterten langfristig, dass die LTTE-Verhandlungen stets als Schwäche interpretierte und stattdessen auf militärische Lösungen setzte.

Intensivierung des Krieges (1990 – 2002)

Nach dem Rückzug der indischen Friedenstruppen (IPKF) im Jahr 1990 stürzte Sri Lanka in eine neue Welle der Gewalt. Die Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE), gestärkt durch ihren Sieg über die IPKF, übernahm die Kontrolle über weite Teile des Nordens, darunter die symbolträchtige Stadt Jaffna. Mit innovativen Kriegsaktien, darunter Selbstmordattentate, die erstmals systematisch eingesetzt wurden, festigte die LTTE ihren Ruf als unerbittliche Guerillaorganisation. Spektuläre Anschläge wie die Ermordung des singhalesischen Präsidenten Ranasinghe Premadasa (1993) oder die Zerstörung des buddhistischen Tempels des Zahns (1998) demonstrierten ihre Reichweite. Gleichzeitig baute die Gruppe eine eigene Marine (Sea Tigers) und Luftwaffe (Air Tigers) auf, um die staatliche Blockade zu unterlaufen.

Die Regierung antwortete mit brutalen Militäroffensiven. Unter Präsidentin Chandrika Kumaratunga startete die Armee 1995 die «Operation Riviresa», um Jaffna zurückzuerobern. Dabei wurden tausende Zivilisten getötet, ganze Dörfer niedergebrannt. Menschenrechtsorganisationen dokumentieren Folter, Verschwindenlassen und gezielte Hinrichtungen durch Sicherheitskräfte. Doch trotz massiver Ressourcen gelang es der Armee nicht, die LTTE entscheidend zu schwächen. Der Konflikt erstarrte in einer militärischen Pattsituation. Weder Seite konnte siegen, doch die Zivilbevölkerung zahlte den Preis.

International geriet die LTTE zunehmend unter Druck. Die USA und die EU stufte sie 1997 offiziell als terroristische Organisation ein, was ihre Finanzströme aus der Diaspora erschwerte. Dennoch behielt die Gruppe durch Schmuggel und Erpressung ihre Schlagkraft.

Waffenstillstand und gescheiterte Friedengespräche (2002-2006)

Im Februar 2002 bahnte sich überraschend eine diplomatische Öffnung an. Unter Vermittlung Norwegens einigten sich die Regierung und die LTTE auf einen Waffenstillstand. Beide Seiten signalisierten Gesprächsbereitschaft, doch das Misstrauen war tief. Die LTTE nutzte die Atempause, um ihre Strukturen auszubauen. Sie rekrutierten tausende Kindersoldaten, verstärkte ihre Marine und erwarb über Schmugglerwege moderne Waffen. Die Regierung wiederum rüstete mit chinesischen Kampfjets und israelischer Überwachungstechnik.

Der Tsunami vom 26. Dezember 2004 veränderte die Dynamik. Über 35.000 Menschen starben allein in den tamilischen Gebieten, die Infrastruktur lag in Trümmern. Internationale Hilfsgelder flossen, doch die Zusammenarbeit scheiterte am gegenseitigen Vorwurf der Blockade. Die LTTE beschuldigte die Regierung, Hilfslieferungen zu verzögern. Diese warf den Tamil Tigers vor, Spenden abzuzweigen.

Als der Friedensprozess 2005 stockte, eskalierte die Gewalt erneut. Die Ermordung des tamilischen Aussenministers Lakshman Kadirgamar durch die LTTE, ein gemässigter Kritiker des Tigers, markierte das Ende der Dialogbereitschaft. 2006 startete die Regierung unter Mahinda Rajapaksa eine Grossoffensive, nachdem die LTTE-Attentate auf Armeestützpunkte und Minister verübt hatte. Der Waffenstillstand war damit de facto gescheitert. Der Weg in die Endphase des Krieges war geebnet.

Endphase und Kriegsende

Nach dem endgültigen Scheitern des Waffenstillstands im Jahr 2006 startete die srilankische Regierung unter Mahinda Rajapaksa die entscheidende Militäroffensive «Eelam War IV», und die Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) endgültig zu zerschlagen. Mit massiver Feuerkraft, unterstützt durch Waffenlieferungen aus China, Pakistan und Israel, gelang es der Armee, die LTTE schrittweise aus ihren Hochburgen im Norden und Osten des Landes zu vertreiben. Die LTTE reagierte mit verzweifelten Massnahmen. Ab 2008 trieb sie zehntausende Zivilisten als menschliche Schutzschilde in eine letzte Enklave bei Mullaitivu, um Luftangriffe abzuwehren. Gleichzeitig zwangen sie Kinder, Alte und Zivilisten zur Kampfteilnahme, was humanitäre Krise weiter verschärfte.

In der finalen Schlachtphase zwischen Januar und Mai 2009 erreichte der Krieg eine beispiellose Brutalität. Die Regierungstruppen bombardierten gezielt UN-Schutzzonen, Krankenhäuser und Lebensmittelkonvois, obwohl die Koordinationen dieser Orte international bekannt waren. Laut UN-Schätzungen starben in diesen Monaten bis zu 40.000 Zivilisten, viele durch Artilleriebeschuss und Luftangriffe. Die LTTE wiederum erschoss Flüchtlinge, die aus der umkämpften Zone entkommen wollten, und setzte Zivilisten als lebende Barrieren ein. Die internationale Gemeinschaft verurteilte beide Seiten scharf. Die UN dokumentierten Kriegsverbrechen wie gezielte Angriffe auf Zivilisten, Folter und das Verschwindenlassen von Personen. Satellitenaufnahmen enthüllen später Massengräber und zerstörte Dörfer.

Am 18 Mai 2009 wurde der LTTE-Führer Velupillai Prabhakaran bei Mullaitivu von Regierungstruppen getötet. Mit seinem Tod erklärte die Regierung den Krieg für beendet. Doch der Sieg war mit immensen Kosten verbunden. Über 300.000 Tamilen waren vertrieben, ganze Landstriche im Norden lagen in Trümmern und die Überlebenden litten unter Traumata, Hunger und zerstörte Familienstrukturen.

Die Folgen dieser Phase prägen Sri Lanka bis heute. Die Regierung unter Rajapaksa verweigerte eine unabhängige Aufbereitung der Kriegsverbrechen und erklärte den Sieg als «Befreiung», während die tamilische Minderheit weiterhin politische Marginalisierung und Militärpräsenz erlebt. Internationale Initiativen wie die UN-Resolution von 2021, die Gerechtigkeit für Opfers fordert, scheitern bisher am Widerstand Chinas und anderer verbündeter Sri Lankas. Die letzten Kriegsmonate bleiben somit ein Symbol für die Unfähigkeit der Weltgemeinschaft, Zivilisten in modernen Konflikten wirksam zu schützen und für den Preis eines «Sieges», der ohne Versöhnung erkauft wurde.